Zufrieden in der Südwand

Nach der Erstbesteigung von St. Dorde erkunden einige Pilzlinge mittlerweile dieses Terrain.

25. Mai [8]

Welttag des Handtuchs. Wie bereits berichtet, wurde das Handtuch bereits vor mehreren Tausend Jahren seinem bis heute unveränderten Zwecke zugeführt. Weniger bekannt ist, dass bereits im Alten Ägypten diesem Textil eine tragende kulturelle Funktion zukam. Wir wissen dies, weil der Privatmann und Erfinder Carelman Benteli es erst kürzlich herausgefunden hat. Er benutzte dazu eine für polyiterative Rekursionen invers konstruierten Ägyptologenschreibmaschine und machte mit ihrer Hilfe bisher undeutbare Hieroglyphen in jahrelanger Handarbeit lesbar. Dies geschah in völliger Abgeschiedenheit in einem kleinen Hotel am Rande von Paderborn. Carelman Benteli griff bei seiner Übersetzungsarbeit lediglich auf die Hilfe zweier Speiseriesen zurück, die ihn täglich bewirteten. Durch seine bahnbrechende und äußerst zeitaufwendige Forschung ist nun bekannt, dass die Pyramiden zwar kultischen Zwecken dienten, diese sich aber vor allem um die Trocknung heiliger Handtücher (so genannter Sid-el-Tuh-e) an deren Außenflanken rankten. Offenbar war die ägyptische Kultur vollkommen darauf ausgelegt Edeltücher aus feinstem und reich verziertem Gewebe zu produzieren, die zum Abtrocknen heiliger Baderiesen (so genannter Sid-um-Ra-Goz) verwendet wurden und die dann, dem heiligen Sonnengott Ra zu Ehren, auf den Außenseiten der Pyramiden getrocknet wurden (offenbar sollte das geweihte Wasser der Baderiesen zu der Gottheit aufsteigen). Sodann wurden die Tücher rituell verbrannt, um sie auf diese Weise ebenfalls Ra zuzuführen. Dieser Umstand – und das Aussterben der Baderiesen – führte dazu, dass so wenige Belege dieser absolut zentralen kultischen Aspekte der altägyptischen Kultur erhalten geblieben sind. Nun kennen wir aber diese Zusammenhänge dank der fantastischen Arbeit von Carelmann Benteli und seiner Ägyptologenschreibmaschine.

Aus: Katalog erstaunlicher Dingelinge von Carelman Benteli.

Ist das Phänomen der Urban Towel Art etwa ein zartes rituelles Nachwehen der einst so mächtigen kutlischen Handlungen aus dem Vorderen Orient?

Und wieder Zustellung unerwünscht

Nachdem Lenz sich vor einiger Zeit und im Siedlungsraum tümmelnd über eine folgenschwere Botschaft beugte, traf er nun zum zweiten Mal auf etwas ganz und gar Unheilverheißendes, das unschuldig auf der Außenseite einer Haustür montiert war:

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Es tut uns sehr leid.
Wir haben eine gefährliche
fleischfressende Kröte hier, die alle anfällt,
die Werbung einwerfen. AUCH politische
und religiöse Werbung. Wir haben das vor
dem Kauf wirklich nicht gewusst!
Wir können die Kröte aus
Artenschutzgründen nicht zurückgeben
oder einsperren.
Versuchen Sie einfach KEINERLEI
WERBUNG
einzuwerfen. Auch wenn es
schwerfällt, aber:
Es ist zu Ihrem eigenen Schutz!
Und wir sind es leid, leblose Körper
wegzuräumen. Die Biotonne ist ständig
überfüllt. Danke für Ihre Kooperation!

Darunter ein Bild von einem sehr wütenden Marder.

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Anmerkung des Lenz:

Er schlich nach der Lektüre auf leisen Sohlen davon.

Be dead Moschusbock

Die Realität tritt immer noch mal nach, denkt Lenz in diesen Tagen. Doch da findet er den Moschusbock (Aromia moschata) und erfreut sich am schillernden Glanz: stimmige Gesamtkomposition. Nur wohin führt der Weg?

Joghurt (10% Fettanteil) – aufgeräumt

Diese großartige Performance aus dem fernen Frankreich trägt den Titel „Allegorie auf Europa“. Der Urheber (Jean-Pierre Meunier) möchte es hinternfort schenken.

Die Taube im Wandhydrant

Lenz durchstreift die Straßen der Stadt ausgreifenden Schrittes. Er saugt die herrlich kalte Neujahrsluft tief in die Lunge ein, die Nasenflügel weit gespreizt. Es ist eine Erkundungtour in aufgeräumter Stimmung und bald schon kommt Lenz auf dem Dach eines Parkhauses zum stehen. Es dient in Pandemiezeiten als luftiger Treffpunkt für unruhige Geister. In einem ausgeräumten Wandhydranten hat sich ein Künstler namens Vogel verewigt. Lenz weiß: Waver Bof. wohnt nicht weit, ob er mit Vogel unter einer Decke steckt? Beide treiben jedenfalls existentielle Fragen um.

Home of Waver Bof.

Letztlich war er nur abgetaucht und niemals ganz verschwunden. Waver Bof. lebt und ist aktiv. Seinen Unterschlupf hat er weithin sichtbar, doch für die meisten nicht wahrzunehmen, ausgewiesen. Bravo! La petite graine abricotée kann Dir nichts anhaben, tapferer Freund. Du thronst unabhängig über uns und wir tragen diese Botschaft nun in unseren Herzen. Du bist immer bei uns!

25. Mai [7]

Welttag des Handtuchs. Das Handtuch wurde im Original vor über drei Jahrtausenden zum ersten Mal vorgestellt, erlangte seine ganzheitliche Bedeutung aber erst 1978 in einer weitgehend unbekannten Radiosendung. Mit diesem epochemachenden Ereignis fand ein menschheitsgeschichtlicher Transformationsprozess statt, dessen Bedeutung noch nicht vollständig ausgelotet ist. Als gesichert gilt jedoch, dass dieser Prozess bis heute anhält. Jüngste Forschungen enthüllen, dass sich das auch auf mikroskopischer Ebene niederschlägt. Zart fransige Schlaufen winden sich entlang fein gewobener Borte. Das Frottee, ursprünglich im Nachbarsternensystem Proxima Centauri b entwickelt, wurde 1850 im nahen Orient entdeckt. Der britische Bankier und Handelsreisende Henry Christy fand einen großen Kasten inmitten einer kargen, unbesiedelten Landschaft. Vermutlich handelte es sich um den Teil einer Lieferung, die für einen andere Planeten bestimmt, aber „vom Laster gefallen“ war. So gelangte diese überirdische Handwerkskunst, deren Herz ein komplexer Herstellungsprozess mit mehreren Kettenfadensystemen ist, zu uns auf die Erde. Seitdem trägt die Menschheit stets Frotteehandtücher bei sich, denn ein Handtuch, sagt man, ist so ziemlich das Nützlichste, das ein Anhalter auf Weltraumreisen bei sich haben kann. Und sind wir nicht alle Weltraumreisende in unserem Raumschiff namens Sonnensystem?

Frottee in Blau. Aktuelle Makrofotografie (2021) eines Exponats aus der Sammlung Henry Christy, in der die ersten (außer)irdischen Frottees bis heute erhalten geblieben sind.