Meine Mutter

Meine Mutter, also meine Mutter, das ist es ja wirklich, was mich veranlasst die ewige Stille herbeizusehnen.
Meine Mutter, die Wilhelmine, spricht in einer Minute so viel wie Franz in vier Stunden und einundzwanzig Minuten. Und achthundert Mal so viel wie dessen Vater Franz. Also, wenn die anfängt mit ihrer Stimme … so, so ’ne … die hat so ’ne kreischende Stimme. Ja, dass die Leute ihr gegenüber, man kann fast sagen: ihre, … ihre Opfer, ja, dass die völlig erstarren. Bewegungslos vor ihr stehenbleiben. Die machen keinen Mucks mehr, ja? Und diese Sprechwerkzeuge, ja, die arbeiten, ja? So richtig in Aufruhr, der ganze Mund bewegt sich und dann, selbst wenn ein Taubstummer vor ihr steht, also einer, der nur sieht wie sich da alles bewegt in ihrem Gesicht … da ist der wie gelähmt! Nur vom Anblick ihrer Sprechwerkzeuge, ist der schon gelähmt. Und das arbeitet in ihrem Gesicht!

Und dann sagt mein Vater zu mir nur: „Komm, nichts wie weg hier.“ Und dann geh‘ ma zu seinem Vater und … und dann is sie Zuhause alleine und dann spricht sie alleine, dann spricht sie praktisch auf sich ein, dass sie in ’ner halben Stunde so fertig is … is sie, is sie gelähmt … da liegt sie … die redet sich selber … die liegt dann wie ein Stück Holz in der Ecke, wenn wir nach Hause kommen, mit weit aufgerissenem Mund, ja, und rührt sich nicht mehr. So hat die sich selber niedergeredet! Das muss man sich mal vorstellen! Das ist meine Mutter, die Wilhelmine.

– ein Mosaik vom 10. Juni 2012

Die zarten Abenteuer des behänden Bohnenlanghart – Folge 773: Mit Erdbeben-Ede an der Côte d’Azur

Einiges an Zeit war verstrichen, seitdem Bohnenlanghart und Rettichbreitzart aus dem Kittchen entwichen waren. Einiges an Zeit und schöne Tage. Gemeinsam lagen sie am Strand der Côte und ließen sich die Sonne auf die runden Bäuche brennen. Mit von der Partie: Erdbeben-Ede. Ein alter Kumpel und im Gegensatz zu NWZ-Heiner auch bereit zu reisen. Wie viel Spaß hatten sie in Jugendjahren mit EE und NWZ gehabt. In der Dorfkneipe, am Weiher und so weiter. Jetzt aber waren sie nur zu zweit und lagen am Strand, denn Erdbeben-Ede war in die Stadt gefahren, um Croissants zu besorgen. Die leckeren! Schön!

Erdbeben-Ede auf seiner letzten Fahrt.

Plötzlich hörten sie ein Stöhnen. Sie richteten sich auf und blickten sich um. Erdbeben-Ede taumelte blutverschmiert die aus rohem Stein gehauenen Stufen zu ihrem versteckten Privatstrand hinunter und hielt sich dabei die Eingeweide. Er erreichte sie und kippte seufzend in die Arme von Rettichbreitzart. Sie erkannten, dass ihn eine blutgetränkte Tüte Croissants bisher vor dem Ausbluten bewahrt hatte, das arme Schwein. „Bei euch zu sterben, so habe ich es mir immer gewünscht“, stöhnte er und dann kam nur noch ein Röcheln. Erdbeben-Ede spuckte noch einmal roten Lebenssaft und seufzte tief. Dann war es vorbei. Rettichbreitzart schaute Bohnenlanghart an und auch er blickte zu ihr auf. Ein Mord war geschehen.

25. Mai [8]

Welttag des Handtuchs. Wie bereits berichtet, wurde das Handtuch bereits vor mehreren Tausend Jahren seinem bis heute unveränderten Zwecke zugeführt. Weniger bekannt ist, dass bereits im Alten Ägypten diesem Textil eine tragende kulturelle Funktion zukam. Wir wissen dies, weil der Privatmann und Erfinder Carelman Benteli es erst kürzlich herausgefunden hat. Er benutzte dazu eine für polyiterative Rekursionen invers konstruierten Ägyptologenschreibmaschine und machte mit ihrer Hilfe bisher undeutbare Hieroglyphen in jahrelanger Handarbeit lesbar. Dies geschah in völliger Abgeschiedenheit in einem kleinen Hotel am Rande von Paderborn. Carelman Benteli griff bei seiner Übersetzungsarbeit lediglich auf die Hilfe zweier Speiseriesen zurück, die ihn täglich bewirteten. Durch seine bahnbrechende und äußerst zeitaufwendige Forschung ist nun bekannt, dass die Pyramiden zwar kultischen Zwecken dienten, diese sich aber vor allem um die Trocknung heiliger Handtücher (so genannter Sid-el-Tuh-e) an deren Außenflanken rankten. Offenbar war die ägyptische Kultur vollkommen darauf ausgelegt Edeltücher aus feinstem und reich verziertem Gewebe zu produzieren, die zum Abtrocknen heiliger Baderiesen (so genannter Sid-um-Ra-Goz) verwendet wurden und die dann, dem heiligen Sonnengott Ra zu Ehren, auf den Außenseiten der Pyramiden getrocknet wurden (offenbar sollte das geweihte Wasser der Baderiesen zu der Gottheit aufsteigen). Sodann wurden die Tücher rituell verbrannt, um sie auf diese Weise ebenfalls Ra zuzuführen. Dieser Umstand – und das Aussterben der Baderiesen – führte dazu, dass so wenige Belege dieser absolut zentralen kultischen Aspekte der altägyptischen Kultur erhalten geblieben sind. Nun kennen wir aber diese Zusammenhänge dank der fantastischen Arbeit von Carelmann Benteli und seiner Ägyptologenschreibmaschine.

Aus: Katalog erstaunlicher Dingelinge von Carelman Benteli.

Ist das Phänomen der Urban Towel Art etwa ein zartes rituelles Nachwehen der einst so mächtigen kutlischen Handlungen aus dem Vorderen Orient?

Torfbrot und Rehbrett erkennen an – Das Universum

Torben und René haben sich in die unendlichen Weiten des Podiversums vorgewagt und Gold gefunden. Ruth Grützbauch und Florian Freistetter plaudern von Österreich aus über Astronomie. Das gefällt. In Folge DU046 wird über FCKW geredet, das außerirdische Ozonlöcher in die Atmosphäre anderer Planeten fräst. FCKW kann nur vorkommen, wenn intelligentes Leben wirkt, denn spontan entsteht diese Verbindungen nach heutigem Wissen nicht im Universum. Je höher die Konzentration in der Atmosphäre, desto leichter wäre der Nachweis. Leider ist eine hohe Konzentration auch schlecht für die entsprechende intelligente Lebensform. So sind Grützbauch und Freistetter kurz ratlos und es entspannt sich folgender Dialog:

Freistetter: Oder es ist halt eine Zivilisation, die noch größere Trotteln sind als wir.
Grützbauch: Man hält es kaum für möglich, aber ja: es ist in der Tat eine Option. Ja.
Freistetter: Wir sind ja von der Science fiction drauf gedrillt die Aliens immer so als Überwesen zu sehen, die alle viel schlauer und besser sind als wir, aber das können ja genauso Trotteln sein. Ja, also vielleicht sind wir … vielleicht sind wir die Gscheitesten im Unviersum.
Grützbauch: Ah geh! Sag sowas nicht (Gelächter). Welch tragischer Gedanke.
Freistetter: Kammas ausschließen?
Grützbauch: Naa, natürlich nicht, aber will mas glauben?

Joghurt (10% Fettanteil) – aufgeräumt

Diese großartige Performance aus dem fernen Frankreich trägt den Titel „Allegorie auf Europa“. Der Urheber (Jean-Pierre Meunier) möchte es hinternfort schenken.

Wenn der Nachbar sein gesamtes Staatsgebiet abriegelt

Hinternfort erklärt sich selbst zum Hilfsanker in Zeiten erblühender Sperrzonen. Sollten wir in naher Zukunft ebenfalls in unseren Behausungen auf uns selbst zurückgeworfen sein, öffnet sich das weite Internet für vielfältige Betrachtungen und fruchtbarster intellektueller Austausch wird rasch um sich greifen. Eine Tsunami gegenseitige Wertschätzung wird digital durch die globalen Wohnzimmer schwappen und Hass und Häme fortspülen. Die durch Quarantäne entkörperlichte Gemeinschaft wird sich als eins begreifen lernen. Freut Euch auf den Sommer, wenn wir allesamt wieder über saftig bunte Blumenwiesen tanzen können.

19. November [6]

Welttoilettentag der Vereinten Nationen. Trotz unser zur Nebensächlichkeit verkommenen Beziehung zum feinsten Gut der Hyperpostmoderne, ist es unsere oberste Pflicht heute wieder innezuhalten und uns zu fragen wie eine Welt ohne ein solches Kämmerlein zur Verrichtung der Notdurft und zur Hingabe an die selbsversunkene Körperhygiene aussieht. Menschen, denen es an eben jenem Kämmerlein mangelt, geben stets diesen Missstand als das am dringlichsten zu behebende Problem an. Ficht uns das an? Nicht? Das sollte es! Und so versuchen wir uns an diesem unaufgeregten Tag im November der wundersamen Meisterleistung bewusst zu werden, die uns dieses Leben in all ihren Annehmlichkeiten jeden Tag auf so abnorme Art und Weise erleichtern hilft. Und wir versuchen uns diesem grenzenlosen Staunen über die Schönheit der Welt in der Zahnpastablase zu nähern. Denn gerade dort würden wir ebenso wenig etwas Besonderes vermuten, wo es doch just da vor unser aller Augen liegt und in seiner zarten Vergänglichkeit dem Alltagsleben so viel Beständigkeit verleiht. Das stille Örtchen ist der Fuß, auf dem die globale Zivilisation weit ausgreifend durch die Raumzeit schreitet.

Die Schönheit der Welt in der Zahnpastablase.