Hannoversch Münden. Wir schlendern an einem schönen Tag auf dem Doktorwerder zwischen Werra und ihrem stummeligen Nebenarm eingepfercht dahin. Mit pfeifenden Lippen und summendem Herzen rückt ein ungewöhnliches Bauwerk in den Blick des wachen Wanderers. In hellem Grau räkelt es sich auf dem Gelände des Wasser- und Schifffahrtsamtes und gibt sein Geheimnis nur bei näherer Betrachtung preis. Es ist ein Borkenhäuschen, das sich da in all seiner eichgetäfelten Pracht lümmelt. Allerdings präsentiert es sich uns hinternfort, denn die Forderfront weist auf die Werra hinaus und das Betreten des Werkgeländes ist untersagt. So müssen wir uns also mit dem Hinterteil begnügen. Doch wir grämen uns nicht.
Ist es nicht gerade der lange Rücken dieses spitzbedachten Borkschlössleins, der uns in besinnungslose Verzückung tunkt? Er ist’s. Und so stehen wir eine Weile da und versenken uns in diesem erhebenden Augenblick.
Die Zeit läuft rückwärts und wir sehen das Jahr 1808.
Der Kaffeegroßhändler Friedrich-Karl Wilhelm Freytag erwirbt das Gelände des Doktorwerder und veranlasst den Bau des Borkenhäuschens. Seine Frau ist katholisch, doch die Reformation hat derartiges Brauchtum in Hannoversch Münden marginalisiert. Und darum erhält das geliebte Weib eine Privatkapelle, in der sie ihren religiösen Neigungen nach Gutdünken Ausdruck verleihen kann. Ein angereister Göttinger Pfaffe weiht den borkummantelten Andachtsraum.
Doch ach! Nur sechs Jahre währt das katholische Glück. Friedrich-Karl geht 1814 Konkurs und von nun an wechseln die Folgebesitzer stetig. Ihnen allen gemein ist die nur allzu verständliche Neigung das bauliche Kleinod mustergültig instand zu halten. Dies geschieht die kommenden zweihundert Jahre mit derartiger Hingabe, dass man dem Borkelchen noch heute sein stolzes Alter nicht ansieht. Auch betrauen die Borkelianer ihr Juwel mit allerlei Aufgaben und einmal macht es der schmerbauchige, aus Bremen stammende Hotelier Meyer sogar zum Mittelpunkt eines kleinen Cafés.
Wir müssen blinzeln und stehen wieder im Jetzt.
Heutzutage ist das Borken-häuschen während der Sommermonate gelegentlich durch Mitarbeiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes besetzt. Sie machen es sich darin bequem, um scherzend ihre Mittagspause zu verleben (wenn das Wetter mal nicht so will). Ein rustikaler Tisch und einige Stühle zeugen davon. Sonst gibt es nicht mehr viel zu tun, für unser kleines Borkelchen.
Wir wenden uns ab und schlendern summend weiter.
Ja – so muss Haus!
Licht und schlank, stählern hart und voll geschmeidiger Kraft, reich an Wissen und zäh im Wollen, unbändige Sehnsucht in den hellen Augen, so verlässt Jan Mayen die nebelumhüllte Insel im eisigen Nordmeer, auf der er seine Kindheit verlebte. Er beginnt seinen Weg durch die Welt. Geheimnisvolle, dunkle Zusammenhänge erfassen ihn, aber er löst Schritt für Schritt die Rätsel, bis er die gewaltigste und fantastischste aller Aufgaben klar umrissen vor sich sieht. Das sagenhafte Wunschland Thule aus der Starre ewigen Eises zu lösen.