25. Mai [10]

Welttag des Handtuchs. Zum zehnten Mal begehen wir nun diesen heiligen Tag in diesem kleinen Kreise. Zeit ist eine Unbekannte … und Zeit ist es, sich den unbekannten Seiten des uns so vertraut scheinenden Textils zu zuwenden.
Das Handtuch privat nennen wir darum diesen kleinen Ausflug zum geheimen Leben des Handtuchs. Mit wenig Temperament gesegnet, neigt es im Alltag dazu, sich still zurückzuziehen und ein gutes Selbstgespräch zu genießen.
Nichts verabscheut es mehr als den Trubel der Welt. Krieg und Despoten sind ihm verhasst. Jedoch ist nur wenigen bekannt, dass Handtücher auch niederträchtig sein können. Im richtigen Moment die wasseraufnehmende Wirkung verweigert und schon rutscht der Herrscher im eigenen Nass aus und verletzt sich am Ende noch.
Es war das Handtuch! Böse.

Zur Peosie neigen sie auch, doch ihre Werke sind oft selbstverherrlichend und darüber hinaus wenig erbaulich:

Unbeachtet hängt es,
trockene Hände schenkt es.
Fühlt sich ganz weich an,
oft flauscht es.
Nichts, was es nicht kann,
man braucht es!

Dieses Werk hat mir unlängst das Handtuch in meinem Badezimmer aufgedrängt als es von diesem Beitrag hier Wind bekam. Naja.
Halten wir fest: Es sind eigenwillige Gesellen, die gerne für sich bleiben, Ungerechtigkeiten verabscheuen und ein bisschen zu viel Nabelschau betreiben.

Als Begleiter für strapaziöse Weltraumreisen scheinen diese Eigenschaften nicht unpassend zu sein.

Überlegungen der Amsel (ein Sperlingsvogel)

Lenz hat etwas entdeckt. Eine Amsel bezog die Steckmuffe eines schräg lehnenden 2,5 Meter DN100-Ht-Rohrs. Welche Überlegungen mögen bei der Auswahl dieses Nistortes im Amselhirn abgelaufen sein? Die Gefahr durch den Menschen wurde ausgeblendet, denn das Nest befindet sich auf Augenhöhe mit dem Lenz. Es müssen andere Kriterien ausschlaggebend gewesen sein. Offenbar schien der Ort raubtiersicher genug, sowohl von oben als auch von unten. Ob die Amsel dachte: „Hmm, was ist das? Wie nenne ich es? Ich nenne es mal Rohr. Rohr klingt angemessen. Es scheint mir glatt und darum gut geeignet zu sein. Der Feind kann es vermutlich nicht erklimmen. Und oben drüber ist ein Dach. Ja, sagen wir mal Dach.“ So ging es rund im Amselhirn.

Doch zu Baubeginn war sie vor eine weitere Herausforderung gestellt: das breite Loch war zu überbrücken, das das Rohr zu dem macht, was es ist. Man muss eine gewisse Geschicklichkeit mitbringen, um auf einer so weiten Muffe ein Nest anlegen zu können. Gerade die ersten Hälmchen sind nicht leicht zu platzieren. Windstille ist von Vorteil. Die Amsel wusste es zu meistern. Und so geschah’s, dass Lenz unversehens Angesicht zu Angesicht mit der nistenden Dame dastand und selbst beträchtlich nachdachte. Sie hingegen brütete über den Dingen.

Mit dem Schalttag um die Welt

Hinternfort feiert heuer zum ersten Mal einen Schalttag. Grund ist diese Zwergenbank:

Wir wissen nicht warum, aber sie stand einfach da. Und wo sind die dazu passenden Zwerge?

Meine Mutter

Meine Mutter, also meine Mutter, das ist es ja wirklich, was mich veranlasst die ewige Stille herbeizusehnen.
Meine Mutter, die Wilhelmine, spricht in einer Minute so viel wie Franz in vier Stunden und einundzwanzig Minuten. Und achthundert Mal so viel wie dessen Vater Franz. Also, wenn die anfängt mit ihrer Stimme … so, so ’ne … die hat so ’ne kreischende Stimme. Ja, dass die Leute ihr gegenüber, man kann fast sagen: ihre, … ihre Opfer, ja, dass die völlig erstarren. Bewegungslos vor ihr stehenbleiben. Die machen keinen Mucks mehr, ja? Und diese Sprechwerkzeuge, ja, die arbeiten, ja? So richtig in Aufruhr, der ganze Mund bewegt sich und dann, selbst wenn ein Taubstummer vor ihr steht, also einer, der nur sieht wie sich da alles bewegt in ihrem Gesicht … da ist der wie gelähmt! Nur vom Anblick ihrer Sprechwerkzeuge, ist der schon gelähmt. Und das arbeitet in ihrem Gesicht!

Und dann sagt mein Vater zu mir nur: „Komm, nichts wie weg hier.“ Und dann geh‘ ma zu seinem Vater und … und dann is sie Zuhause alleine und dann spricht sie alleine, dann spricht sie praktisch auf sich ein, dass sie in ’ner halben Stunde so fertig is … is sie, is sie gelähmt … da liegt sie … die redet sich selber … die liegt dann wie ein Stück Holz in der Ecke, wenn wir nach Hause kommen, mit weit aufgerissenem Mund, ja, und rührt sich nicht mehr. So hat die sich selber niedergeredet! Das muss man sich mal vorstellen! Das ist meine Mutter, die Wilhelmine.

– ein Mosaik vom 10. Juni 2012

Kunst an der Suppe

Was unterscheidet Kunst von eigenwillig Aufgeräumtem?

19. November [10]

Welttoilettentag der Vereinten Nationen. Lang ist es her, dass die Zwerge edel verzierte Toiletten nutzten. Es muss zur Zeit der letzten Riesen gewesen sein. Heute begnügen sich auch diese kleinen Wesen mit herkömmlichem Porzellan. Der Grund für den Niedergang ihres Brauchtums bleibt im Nebel der vergangenen Jahrhunderte verborgen. Waren die einstmals ausgeschmückten Rückzugsorte der rektalen Erleichterung nicht wundersam von Zauberei beseelt? Spiegelte sich der Wert der Ausscheidung im Utensil wider? Andererseits, ist die Rückbesinnung auf längst vergangene Traditionen nicht ebenso gefährlich wie der unreflektierte Fortschrittsglaube? In der britischen Gegenwart verschwand unlängst eine 18-karätige Toilette aus dem Blenheim-Palast im Wert von etwa 1,1 Mio. Schweizer Franken. Vermutlich haben dieses Sitzmöbel die Zwerge schon längst eingeschmolzen und zu Blattgold verarbeitet. Es ist wohl für die Wiederbelebung einer längst vergessen geglaubten Tradition.

Der Stuhl für den Zwerg.

Die zarten Abenteuer des behänden Bohnenlanghart – Folge 773: Mit Erdbeben-Ede an der Côte d’Azur

Einiges an Zeit war verstrichen, seitdem Bohnenlanghart und Rettichbreitzart aus dem Kittchen entwichen waren. Einiges an Zeit und schöne Tage. Gemeinsam lagen sie am Strand der Côte und ließen sich die Sonne auf die runden Bäuche brennen. Mit von der Partie: Erdbeben-Ede. Ein alter Kumpel und im Gegensatz zu NWZ-Heiner auch bereit zu reisen. Wie viel Spaß hatten sie in Jugendjahren mit EE und NWZ gehabt. In der Dorfkneipe, am Weiher und so weiter. Jetzt aber waren sie nur zu zweit und lagen am Strand, denn Erdbeben-Ede war in die Stadt gefahren, um Croissants zu besorgen. Die leckeren! Schön!

Erdbeben-Ede auf seiner letzten Fahrt – ein Tomatenwestern

Plötzlich hörten sie ein Stöhnen. Sie richteten sich auf und blickten sich um. Erdbeben-Ede taumelte blutverschmiert die aus rohem Stein gehauenen Stufen zu ihrem versteckten Privatstrand hinunter und hielt sich dabei die Eingeweide. Er erreichte sie und kippte seufzend in die Arme von Rettichbreitzart. Sie erkannten, dass ihn eine blutgetränkte Tüte Croissants bisher vor dem Ausbluten bewahrt hatte, das arme Schwein. „Bei euch zu sterben, so habe ich es mir immer gewünscht“, stöhnte er und dann kam nur noch ein Röcheln. Erdbeben-Ede spuckte noch einmal roten Lebenssaft und seufzte tief. Dann war es vorbei. Rettichbreitzart schaute Bohnenlanghart an und auch er blickte zu ihr auf. Ein Mord war geschehen.

25. Mai [9]

Welttag des Handtuchs. Unsere Bewunderung für das Handtuch ist ungebrochen und darf auch ungebrochen bleiben. Heute soll an dieser Stelle über den kleinen Bruder des vielgepriesenen Textils berichtet werden. Oftmals vollkommen ignoriert und nur kurz gebraucht, spielt das Papierhandtuch als Massenprodukt aus dem Handtuchspender bei der Annäherung an das geschichtlich so bedeutsame Phänomen Handtuch keine Rolle. Dabei ist dieses i-Tüpfelchen der menschlichen Schöpfungskunst von unschätzbarem Wert und ergänzt seine größere und dauerhaftere Verwandte in vielfältiger und nahezu atemberaubender Weise.

Wo wir im heutigen schnellen Alltagsleben zu unachtsam und auch zu ungeduldig sind, hält es sich mit seinem rauen Wesen bereit, um uns im Zweifel teure Dienste zu leisten und treu ergeben zu dienen. So ist es auch seine Natur und wir achten es nicht. Das muss so sein, denn das Papierhandtuch lenkt aus seinem inneren Kern heraus diese Vollkommenheit in Kurznutzigkeit und Ignoranz.

Und wissen wir um diesen Umstand, so hilft es uns nichts. Und auch das ist gut. Denn in all dem spiegelt sich das Universum, in dem was es ist und was es immer bleiben wird. Halten wir diesen Gedanken fest? Auf keinen Fall!