25. Mai

Welttag des Handtuchs. Es ist jeder Erdenbürger dazu aufgerufen an diesem wunderbaren Tag im Mai ein Handtuch bei sich zu tragen. Dies ist hinternfort eine erstklassige Angelegenheit, denn: „Ein Handtuch, sagt man, ist so ziemlich das Nützlichste, das ein Anhalter auf Weltraumreisen bei sich tragen kann. Einmal ist es von großem praktischen Wert …“
Mit den eben zitierten Worten beginnt die große Schau, die diesen Sommer im Kasseler Fridericianum zu sehen ist. Sie trägt den verheißungsvollen Titel Das Handtuch im Spiegel der Jahrhunderte. Und nicht weniger ist auch zu sehen.

Sitzknoten
Ein sog. Mizoramischer Sitzknoten. Noch heute zu finden im indischen Bundesstaat Mizoram. Der Gebrauch ist aber auch schon aus vorchristlicher Zeit bekannt. Das Frottiertuch wird durch eine Jahrtausende alte Knottechnik zum Handtuchhocker umfunktioniert.

Von den ersten Anfängen des wollenen Frottierhandtuchs aus vorchristlicher Zeit bis hin zu dem hochmodernen und leistungs-starken Allzwecktextil von heute. Dies zeigt die durch und durch gelungene Ausstellung sehr deutlich: Das Handtuch war seit jeher ein treuer Weggefährte des Menschen, hat Aufstieg und Fall der Hochkulturen prägend begleitet und wurde wie kaum ein anderer Alltagsgegenstand im Laufe der Jahrhunderte derartig häufig und grundlegend umgestaltet. Viel gibt es in Kassel zu lernen, wovon kaum ein Laie jemals gehört hat.

EindornigesStreittuch
Das vor allem in Großbritannien verwendete Eindornige Streittuch ist eine Weiterentwicklung des Niederländischen Dreschhandtuchs. Abgebildet ist der Nachbau einer häufigen Variante aus dem 15. Jahrhundert.

Der erste gesicherte Nachweise für die Verwendung von Handtüchern existiert für die Zeit um 200 v. Chr. und ist vom Indischen Subkontinent bekannt. Alte Zeichnungen belegen, dass Handtücher dort schon sehr früh in den Alltag eingebunden waren. Um 100 v. Chr. kam es hier auch zur ersten Blüte vielfacher Umwandlungspraktiken. Manche Traditionen haben sich durch mündliche Überlieferung bis heute erhalten. So zum Beispiel der mizoramische Sitzknoten.
Aber auch im Europa der Frührenaissance gibt es schlagende Beispiele für regen Handtuchgebrauch. Aus dem 15. Jahrhundert ist bekannt, dass sich das so genannte Streittuch bei der Landbevölkerung im Kampf gegen berittene Einheiten großer Beliebtheit erfreute. Belege dafür finden sich beispielsweise zuhauf in Großbritannien, aber auch in den Niederlanden.

Laptowel
Laptowel aus den späten 1990ern. Vorläufer des heute weltweit verbreiteten iTowel.

In der Neuzeit schließlich ist das Trocknungstuch vollends als Hochtechnologie in unseren Alltag integriert. Ob als Laptowel in den späten 1990ern oder als moderner iTowel, das Handtuch ist überall.
So spannt diese Schau einen großen Bogen und lässt den Besucher unaufdringlich bereichert zurück. Man sollte diese Ausstellungsrarität im Herzen Kassels nicht verpassen, denn wer sie gesehen hat, denkt hinternfort anders über dieses vermeintlich unscheinbare Abrubbelutensil.

Veröffentlicht von

lenz

In Rinteln aufgewachsen entdeckte ich schon früh meinen Hang zur Wursthuberei. Von da an ging es immer steil bergauf. Bis heute!

8 Gedanken zu „25. Mai“

  1. Einen schönen guten Tag. Ich wurde jüngst genötigt hier auch meinen Senf dazuzugeben (Senf ist übrigens schon seit 3000 Jahren belegt und somit älter als das Handtuch).

    Doch Grund warum der Senf verlangt wurde ist dass sich neben dem Grünes-Handtuch-Incident noch ein zweiter irrer Zufall ereignete. Denn am 25. Mai ist neben dem Welttag des Handtuchs auch noch ein anderer wichtiger Tag, nämlich der Fliedertag oder eigentlich der Alzheimer-Awareness-Tag, also eigentlich gar nicht so lustig. Der Tag ist dem Autorenkollegen von Adams Terry Pratchett gewidmet der unter Alzheimer litt. Der Tag 25.Mai ist in dem Scheibenwelt-Buch „Nichtwatch“ der Revolutionstag in Ankh Morpork an dem alle Menschen Flieder tragen. Dementsprechend trog ich am 25. Mai zwar kein Handtuch, dafür aber Flieder.
    Das Zusammentreffen mit dem Welthandtuchtag kann natürlich reiner Zufall sein, oder aber Pratchett hat den Scheibenwelt-Feiertag bewusst auf den Handtuchtag gelegt, wer weiß. Auf jeden Fall dann nächstes Jahr Handtuch und Flieder tragen (oder ein fliederfarbenes Handtuch).

    Soweit, ich bitte die Kürze zu entschuldigen, dafür habe ich auch nicht einfach aus Wikipedia kopiert.
    HabedieEhre,
    P.

    1. Das findet der gebeutelte Lenz ganz gut. Er wird kommendes Jahr vielleicht mal ein bisschen Flieder tragen. Oder man trifft sich und begeht gemeinsam und individell dekoriert diesen bemerkenswerten Feiertag. Das wäre vermutlich ein Fest.
      Der neugierige Leser fragt an dieser Stelle postwendend, warum denn der arme Lenz gebeutelt ist? Nun, mittlerweile ist noch nicht einmal ein Monat vergangenen und er hat bereits zwei weitere Handtücher auf der Straße gefunden. Zwar achtlos zerknüllt und ungewaschen, aber definitiv Handtücher. Er fragt sich jetzt natürlich wiederum, was das Schicksal noch so alles für ihn bereitshält.

  2. „Warum hatter jetzt ein Handtuch dabei?“

    Lenz begeht zum ersten Mal diesen Gedenktag mit der nötigen Ausstattung.

    Am Morgen telefoniert er mit seinem guten Freund Roland, der ihm glattweg die ersten Zeilen des Anhalters aufsagt, er erkundet verschiedene Verwendungsmöglichkeiten (Wischtuch, Nackenwärmer, Regenschutz) und er ist hinternfort leicht schockiert, als er an einer Kreuzung vor sich auf dem Gehweg ein frisch gewaschenes, grünes Handtuch liegen sieht (wo er doch schon ein grün-weiß gestreiftes bei sich trägt). Jubelnd hebt er es auf und blickt zum Himmel empor. Ob irgendwo in Nähe soeben in der ‚Herz aus Gold‘ der unendliche Unwahrscheinlichkeitsdrive eingeschaltet wurde? Unendlich unwahrscheinlich.

    1. Hatte es zufällig die Abmessungen 36 x 57 cm und war von einem leicht ins Petrol gleitenden Jadegrün???

      1. Bedauerlicherweise hatte es die Abmessungen 43 x 90 cm. Zur Farbgebung betrachte bitte eingehend das Bild (links: gefunden, rechts: getragen):
        Sitzknoten

          1. Abschließend lässt sich festhalten, dass Flatu und Lenz am 25. Mai 2015 auf eine schwer begreifliche Weise – nicht nur auf Quantenebene – verschränkt waren. Der eine trug den Farbton bei sich, der andere fand den gleichen, zerknittert auf der Straße liegend. Es MUSS die ‚Herz aus Gold‘ gewesen sein.

  3. Ich war zufällig ausgerechnet heute auf der Ausstellung. Sagenhaft! Großartig gemacht, wirklich sehenswert und informativ. Und das Beste: Es liefen viele Leute mit eigenem Handtuch rum. Da war man ohne eines fast in der Minderheit. Ich bin jetzt noch ganz hin und weg. Hat sich auf jedenfall gelohnt! Danke für den Tipp!

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